Vor vier Jahren – am 28. Januar 2010 – wurden die Missbrauchsfälle bekannt …
… was machen heute eigentlich die Täter von damals?
WOLFGANG STATT
(früher: „Pater Wolfgang Statt SJ“, auch bekannt als: „Padre Volfi“ oder „Joaquin Statt“)
WAS IM JANUAR 2010 BEKANNT WURDE
Wolfgang Statt hat seit den 1960er Jahren mehr als dreißig Jahre lang in Deutschland, Spanien und Chile nach eigenen Angaben „mehrere hundert“ Kinder und Jugendliche missbraucht.
Im Februar 2010 hatte sich Statt zunächst in der deutschen Presse mit Interviews und Statements in eigener Sache zu Wort gemeldet und seinen Umzug nach Deutschland angekündigt. Am 9. Februar 2010 dementierte der Sprecher des deutschen Jesuitenordens in Chile (aber nicht in Deutschland) mit einer Pressemitteilung in spanischer Sprache, dass es in Deutschland Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Statt gebe. Statt nahm dann von seiner geplanten Übersiedlung nach Deutschland Abstand und hat sich seitdem nicht mehr öffentlich geäußert.
Wolfgang Statt bezieht seit Februar 2010 eine Pension von seinem letzten Arbeitgeber, dem katholischen „Kolpingwerk Deutschland“ mit Sitz in Köln, in dessen Auftrag er als Lateinamerika-Beauftragter über viele Jahre den Kontinent bereiste. Das Kolpingwerk hat stets erklärt, von der die Vergangenheit des Ex-Paters nichts zu wissen, während der Jesuitenorden versicherte, man habe das Kolpingwerk informiert.
STAND JANUAR 2014
Wolfgang Statt nennt sich heute „Joaquin Statt“, er hat sich einen langen Bart wachsen lassen und lebt unbehelligt mit seiner Familie in der chilenischen Stadt Arica.
Fazit: Weder die katholische Kirche noch der Jesuitenorden haben Wolfgang Statt bis heute für seine Taten zur Verantwortung gezogen.
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PETER RIEDEL
(früher: „Pater Peter Riedel SJ“, „Pfarrer Peter Riedel“)
WAS IM JANUAR 2010 BEKANNT WURDE
Als Jesuitenpater hat Riedel über viele Jahre hinweg Kinder und Jugendliche missbraucht. Wie viele Betroffene es gibt, wissen wir nicht. Der Orden hat seit dreieinhalb Jahren keine aktuellen Zahlen mehr vorgelegt, wie viele Betroffene sich gemeldet haben. Die Missbrauchsbeauftragte des Ordens Ursula Raue hatte im Mai 2010 von 41 Betroffenen des Missbrauchs durch Riedel (Pseudonym: „Pater Anton“) berichtet. Tatsächlich ist von mindestens 100 Betroffenen auszugehen, wie auch Pater Klaus Mertes zuletzt im Dezember 2013 in einem Interview mit dem NDR erklärte.
Riedel missbrauchte zunächst etwa zehn Jahre lang als Leiter der Jugendarbeit am Berliner Canisius-Kolleg Dutzende von Jungen. Nachdem Jugendliche 1982 in einem Brief an den Orden auf ihre Not aufmerksam gemacht hatten, wurde Riedel stillschweigend nach Göttingen versetzt. Dort arbeitete Riedel wieder mit Jugendlichen. Nach erneuten Missbrauchsvorwürfen auch dort verließ er den Jesuitenorden und betreute dann als Pfarrer nacheinander Gemeinden in Hildesheim, Wolfsburg und Hannover. Nachdem es auch an diesen Orten zu Missbrauchsfällen gekommen war, wurde er schließlich 2003 vorzeitig, aber in Ehren pensioniert. Riedel lebt seitdem in Berlin in einer Wohnung im bürgerlichen Stadtteil Lichterfelde. Über Riedel gibt es außerdem Hinweise auf den sexuellen Missbrauch von Frauen in Mexiko und in Südamerika, wo er auch nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle zeitweilig untertauchte.
STAND JANUAR 2014
Im Januar 2014 wurde durch Recherche einer engagierten Journalistin bekannt, dass ein geheimes „Kirchengericht“ bereits Ende 2013 Peter Riedel „bestraft“ hat: Er darf das Priesteramt nicht mehr ausüben und muss 4.000 Euro Geldstrafe bezahlen. Verhandelt wurde lediglich ein einziger Fall des Missbrauchs (an einem Mädchen) aus seiner Zeit als Gemeindepfarrer im Bistum Hildesheim. Riedels zahlreichen Missbrauchstaten am Canisius-Kolleg waren nicht Gegenstand des Verfahrens. Das „Urteil“ wurde vom Bistum bislang nicht veröffentlicht. Die Betroffenen des Missbrauchs von Peter Riedel wurden über das Verfahren sowie über das Ergebnis nicht informiert.
Fazit: Mit diesem Urteilsspruch zu einem Einzelfall ist für die katholische Kirche die Aufarbeitung der Missbrauchstaten von Peter Riedel offenbar abgeschlossen.
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Das ist der Stand der Dinge vier Jahre nach der Bekanntmachung der Missbrauchsfälle durch Betroffene: Den Tätern geht es gut. Die Kirche fühlt sich als Vorreiter bei der Aufklärung sexuellen Missbrauchs. Und die Opfer können sehen, wo sie bleiben.